Er ist schon 100 Jahre alt und so sexy wie nie zuvor: Der BH stützt, hebt, teilt, versteckt oder setzt erst richtig in Szene! Dabei hat der BH eine wechselvolle Geschichte hinter sich: Mal wurde er geliebt, mal wurde er gehasst.
In Sparta banden sich die Frauen beim Sport Tücher um die Brust, angeblich, um damit männlicher zu wirken. Ich persönlich glaube, die Brustbinde hatte praktische Gründe: Wer jemals ohne BH gejoggt ist, weiß was ich meine! Im antiken Rom trug die Frau von Welt ebenfalls eine sogenannte Brust- oder Busenbinde unter ihrer Tunika , um ihre Brust zu stützen und zu verhüllen. Im 16. Jahrhundert entwickelten sich die Vorläufer des Mieders: Die Frauen quetschten sich in steife Korsagen, die ihre Brust mal flachdrückten oder, je nach Mode, wieder hochschnürten. Dabei hielt sich die unbequeme und ungesunde Mieder-Mode erstaunlich lange.
Die Befreiung vom Korsett ist eng mit der Geschichte der Frauenbewegung verbunden: Anfang des 20. Jahrhunderts kämpften die englischen Suffragetten mit passivem Widerstand, Hungerstreiks oder mit Störungen von öffentlichen Veranstaltungen für ein allgemeines Frauenwahlrecht. Als das alles nichts nützte, fuhren sie schwerere Geschütze auf: Die Frauen rauchten in der Öffentlichkeit (ein Skandal!), warfen Schaufensterscheiben ein und setzten Gebäude in Brand. Bei diesen unerhörten Tätigkeiten lag es nahe, sich endlich auch aus dem Korsett zu befreien.
Coco Chanel entwickelte 1912 eine Modelinie, die auch ohne Korsett auskam. Aber erst im Jahr 1914 fiel der Startschuss für unseren heutigen Büstenhalter: Es waren zwar schon vorher BHs erfunden worden, aber es konnte sich kein Modell so richtig durchsetzen. Im Jahr 1910 erfand die New Yorkerin Mary Phelps-Jacob zusammen mit ihrem Dienstmädchen den BH der Neuzeit aus zwei seidenen Tüchern und rosa Bändern. Das war eine rein praktische Entscheidung, denn unter ihrem neuen Abendkleid schimmerte störend das Fischbein ihres Korsetts durch.
Allerdings waren auch Marys Freundinnen von ihrer Erfindung begeistert, und so meldete Mary ihren BH zum Patent an. Richtig rund lief es allerdings immer noch nicht, und so verkaufte Mary ihr Patent für 1.500 Dollar an die Warner Brothers Corset Company. Und dann ging es Schlag auf Schlag: Mit der industriellen Fertigung war der Siegeszug des BHs nicht mehr aufzuhalten. Bereits nach sechs Jahren machte Warner Brothers mit dem neuen BH 12,6 Millionen Dollar Gewinn.
In den fünfziger Jahren kurbelten Hollywood-Diven wie Marilyn Monroe oder Liz Taylor die BH-Produktion noch einmal richtig an: 1958 zählte das Statistische Bundesamt 27,1 Millionen produzierte Büstenhalter. Was Anfang des Jahrhunderts jedoch noch als Befreiung gefeiert wurde, wurde 60 Jahre später auf der Straße verbrannt: "Macht kaputt, was euch kaputt macht" sang damals Rio Reiser und gab die Marschrichtung vor. Zur Befreiung vom Patriarchat gehörte auch die Befreiung aller gesellschaftlicher Zwänge - und dazu gehörte natürlich auch der BH.
Heute hat sich der BH von dieser Revolution wieder bestens erholt: Heidi Klum präsentierte 2001 den teuersten BH der Welt. Tausende rosa Saphire und Diamanten machten aus dem praktischen Büstenhalter ein 12,5 Millionen Dollar teures Schmuckstück. Als Push-Up, Minimizer, Sport-BH, Balkonette, Bandeau, trägerlos, mit und ohne Stäbchen liegt der Büstenhalter heute in fast jedem Kleiderschrank. Bei mehr als drei Milliarden Frauen weltweit eine lohnende Erfindung!
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